7 Fragen an …

Renata Bogucki und Christian Schlabschi von renaRegional

1 Wie seid ihr auf eure Unternehmensidee gestoßen?

Ich beschäftige mich schon lange mit Ernährung – eigentlich seitdem ich Kinder habe. Bisher hat das mit dem Essen irgendwie nicht richtig gepasst. Du gehst einkaufen, schaust auf die Zutatenliste und denkst dir: Toll, super – Warum ist da so viel Zucker drin? Warum stehen diese ganzen E-Nummern da? Ich habe das eine Zeit lang wegen der Kinder vernachlässigt. Aber als die Kinder größer waren, da kam es dann wieder. (Renata)

Mir ist es einfach wichtig Lebensmittel zu kaufen, die einen Background haben und die ich mit gutem Gewissen essen kann. Vor ziemlich genau einem Jahr haben wir dann auf Arte eine Sendung über Regionalität gesehen gesehen. Da war ein Laden in Österreich, der ähnlich aufgebaut war und das hat mir keine Ruhe mehr gelassen. Ich habe dann aufgeschrieben, was ich damit machen könnte. (Christian)

Mich regt es inzwischen nur auf einzukaufen. Du guckst im Sommer woher die Tomaten kommen und die kommen von keine Ahnung wo – aber dann fährst du aus der Stadt raus und siehst Bauernhöfe mit Schildern zum Tomaten kaufen. Als ich im März letzten Jahres dann arbeitslos geworden bin, fehlte mir die Idee, was ich machen soll. Ich bin 49 Jahre alt, habe lange im Einzelhandel gearbeitet, hatte zum Schluss einen Bürojob und habe gedacht: Das kann es nicht sein. Das kann ich nicht noch 20 Jahre lang machen.  (Renata)

Aus dieser Frage von ihr: Was mach ich denn jetzt? – diese Umorientierung plus meine Idee, an der ich gearbeitet habe, das kam dann gerade recht. Wir haben weiter überlegt: Wie könnten wir das machen? Nach und nach entwickelte sich die Idee weiter, bis wir gesagt haben: Komm, das ziehen wir durch. (Christian)

Christian und Renata besprechen das neue Sortiment für RENARegional in Mannheim

2 Die erste Hürde: Eine hohe Startinvestition – wie seid ihr da ran gegangen?

Eigentlich wollten wir erst einen Förderkredit, der wird ja von der KfW über die Hausbank vergeben. Aber der Vorstand der Bank wollte unsere Idee nicht unterstützen. (Renata)

Wir hatten Wochen dafür verwendet – für Gespräche und alle Unterlagen. Wir haben überlegt, wenn wir weiter in diese Richtung gehen, zieht es sich immer weiter und irgendwann wollen wir auch mal starten. Deshalb haben wir es privat über die Familie geregelt und auch vertraglich abgesichert. (Christian)

Christian war zu Beginn auch noch angestellt und ich habe mich in Richtung Gründungszuschuss umgehört. Dann kamen wir in die Beratung vom GIG7 und Frau Haas hat alles mit uns durchgerechnet. (Renata)

Den Textteil hatte ich schon so grob und auch erste Berechnungen, da ich vorher schon in der Führung im Lebensmitteleinzelhandel gearbeitet habe. Aber Frau Haas hat das dann nochmal bis ins letzte Detail geplant und mit ihrer Erfahrung einfach an Dinge gedacht, die wir gar nicht so im Kopf hatten.  Ich bin immer positiv und mit Vorfreude da rein gegangen, weil ich wusste, das ist einfach was, was funktioniert. Ich habe nicht so sehr daran gedacht: Was ist, wenn es schief geht. (Christian)

Da habe ich mir dann eher Gedanken gemacht. Einfach weil er einen anderen Background hat als ich. Er kennt solche Zahlen aus seiner Berufserfahrung. Sowas hatte ich vorher noch nie gesehen und am Anfang war es wie ein Hirngespinst, dass ich jetzt mein eigenes Ding mache. Als wir das erste Mal in der Beratung bei Frau Haas waren und sie gesagt hat, dass sie die Idee gut findet, habe ich das zum ersten Mal richtig Ernst genommen. (Renata)

3 Was wollt ihr anders machen, als ihr es in eurem Berufsleben erfahren habt?

Wir haben keine Lust mehr auf hierarchische Strukturen: Wir bekamen immer nur gesagt, was wir zu tun haben und wehe wenn nicht. Ich wollte aber auch meine eigenen Ideen kreieren.  Deshalb haben wir gesagt, wir machen das anders und sind unsere eigenen Chefs. Und wir können auch als Chefs ganz anders sein. Wir wollen Mitarbeitenden die Chance geben Ideen einzubringen und einfach einen fairen Umgang miteinander. (Christian)

Genau und eine faire Bezahlung. Für uns ist das jetzt auch ein Moduswechsel. Ich war jahrelang nur Angestellte. Und jetzt stehe ich vor einem Regal und denke: Das ist meins. Ich mache das für niemanden, nur für mich. Ich hole ein Produkt ab und denke: Hm, wie mache ich das jetzt ins Regal? Es steht keiner mehr hinter mir und sagt: So muss das sein. Nein, du musst das jetzt entscheiden. Natürlich ist das ungewohnt. Das ist tief in uns drin, dass wir auf Anweisungen warten. (Renata)

Das müssen wir einfach noch ablegen. (Christian)

Hinter den neuen Kassen von RENARegional. Hier kommen nur fair gehandelte und regionale Produkte zur Kasse!

4 Und was sind eure Ziele? Wo seht ihr euch in ein paar Jahren?

Wir wollen davon gut leben können. Vergrößern wollen wir eigentlich nicht. Immer wieder mal neue Produkte, oder das Sortiment anpassen. (Renata)

Wir haben auch darüber gesprochen eine Filiale aufzumachen – einfach als Idee. Aber wir wollen das nicht. Vielleicht vergrößern wir uns nochmal, aber sonst wollen wir das eigentlich nicht.  (Christian)

5 Was ist euch wichtig bei den Produkten, die ihr anbietet?

Saisonal, Regional, ein Bezug zu den Händler*innen, aber auch die Wertschätzung für das Lebensmittel. (Renata)

Erdbeeren gibt es im Mai und Juni. Sonst nicht. Gerade im Obst- und Gemüsebereich werden wir rein regional und damit saisonal sein.  Manchmal ist Crowdfarming auch eine Alternative, da das Geld direkt beim Bauern bleibt. Aber da sind wir noch nicht sicher, ob wir als Wiederverkaufende rein kommen. (Christian)

Wir haben auch Tafeln, wo immer draufsteht, was es aktuell gibt. Oder wir planen Ideen rund um das aktuelle Produkt: zum Beispiel regionalen Wein zum Spargel, oder in der Erdbeerzeit Posts zu Erdbeerkuchen, Erdbeermilch und so weiter. Aber nur regional wäre für das Sortiment insgesamt zu wenig. (Renata)

Wir sind ein Lebensmittelmarkt für regionale und fair gehandelte Produkte. Es gibt Produkte, die wachsen hier nicht. Deswegen haben wir entschieden nur regional geht nicht.  Dann haben wir uns Produkte überlegt und dafür richtig, richtig tolle Projekte gesucht. Zum Beispiel für Kaffee eine Kooperative, die nur von Frauen geführt ist und von Beginn bis zum Endprodukt selbst herstellt. Da wird gepflückt, geröstet, eingepackt und verschickt. Das Geld und die Arbeitsplätze bleiben im Land. Oder zum Beispiel den Partnerschaftskaffee aus Heidelberg. Der wird zwar in Deutschland verarbeitet, aber ehrenamtlich und alles, was an Geld übrig bleibt, fließt zurück in Bildung. (Christian)

Es war uns wichtig da nach richtig fairen Projekten zu suchen. Viele Produkte im Supermarkt sind vermeintlich fair. Aber wie kann das sein, wenn der Preis fast gleich bleibt? (Renata)

6 Wie reagieren die Händler*innen auf eure Anfragen und eure Idee?

Manche tun einen als Spinner ab. Aber an die Großhändler*innen sind wir auch teilweise zu naiv rangegangen. Wir haben zum Beispiel einen regionalen Großhändler kontaktiert. Die bekommen alles hier aus der Gegend. Wir dachten: Toll von denen nehmen wir das. Aber das ist eine logistische Sache: Die Bauern liefern ihre Produkte an den Großmarkt und die werden dann europaweit geliefert. (Renata)

Ich habe da angerufen, da hieß es: Ne, wir arbeiten nur mit Paletten. Also zum Beispiel eine Palette Blumenkohl. Die haben keine Kapazität diese noch zu stückeln. Da merkt man: Wir bewegen uns in einem Terrain, wo richtig Umsatz gemacht wird. (Christian)

Da war ich auch ein wenig enttäuscht. Selbst die regionalen Märkte haben ihre Lebensmittel von weiter weg, weil es einfach günstiger ist. Wir hatten uns das so schön vorgestellt, aber wir wissen nicht, woher die Lebensmittel aus den Bestelllisten kommen. Das müssen wir jetzt selbst tagesaktuell morgens ganz früh nachschauen. (Renata)

Wir arbeiten auch direkt mit Erzeugenden zusammen, zum Beispiel bei Essig- und Öl, oder Äpfel kommen bei uns aus Edingen direkt – so viel wie möglich arbeiten wir also selber mit Herstellenden zusammen. Aber es gibt eben auch diejenigen, die uns einfach nicht beliefern, sondern nur Großmärkte. (Christian)

Und klar, wenn alle uns direkt beliefern, ist es auch nicht mehr nachhaltig. (Renata)

Christian und Renata stehen in Ihrem neuen Laden RENARegional in Mannheim

7 Hat euch Corona in der Gründung beeinflusst?

Ja, in den Zeiten. Zum Beispiel mit der Gewerbeanmeldung. Wir haben irgendwann wirklich tagtäglich versucht das Gewerbeamt anzurufen. Bis Christian dann hingefahren ist. (Renata)

Als ich davor stand und die Notfallnummer angerufen habe, sagten sie, die Nummer ist nur für Corona-Notfälle. Aber irgendwas ist passiert. Der Mann hat irgendwo irgendjemandem eine Mail geschrieben und auf ein Mal hat alles funktioniert. (Christian)

In der Idee an sich hat uns das allerdings gar nicht eingeschränkt. Ich habe eher das Gefühl, die Leute denken durch Corona anders und sehen über den Tellerrand hinaus. Die Idee ist einfach reif. Auch auf Instagram sehe ich das immer mehr. Irgendwas passiert aktuell in der Gesellschaft. (Renata)

Wir hätten auch ohne Corona gegründet, aber vielleicht spielt uns das eher in die Karten, weil die Leute schneller anfangen umzudenken. (Christian)

Bei den Jüngeren noch viel mehr, denn die zahlen ja auch am Ende dafür. (Renata)

Das Unternehmen

Mit renaRegional eröffnen Renata Bogucki und Christian Schlabschi einen Lebensmittelladen für regionale und fair gehandelte Produkte in der Nähe der Mannheimer Quadrate. Ihr Ziel: Leute sollen Produkte aus der Region einkaufen können und einen Bezug zu den Lebensmitteln wiederfinden.

Renata und Christian von RENARegional räumen die Regal von Ihrem neuen Laden in Mannheim ein.

Tipps für einen kleinen Geldbeutel

Saisonal einzukaufen ist oft günstiger!

Im Obst- und Gemüsebereich werden wir verhältnismäßig günstig sein, weil wir die Artikel ja nur anbieten, wenn sie tatsächlich hier wachsen. (Christian)

Grundnahrungsmittel bleiben bezahlbar.

Die Grundnahrungsmittel, die dauernd gebraucht werden, zum Beispiel Mehl, Nudeln, Milch, Joghurt, etc., die sind auch zu einem bezahlbaren Preis im Sortiment. (Christian)

Manche Sachen müssen eben so viel kosten. Dadurch bekomme ich aber auch einen ganz anderen Bezug zu dem Lebensmittel. Bei Tee zum Beispiel habe ich früher Wasser heiß gemacht, Beutel rein geklatscht und gut. Jetzt gucke ich auf die Temperatur und Ziehzeit und gehe anders damit um. Wenn ich das trinke, freue ich mich daran und will einfach keinen anderen Tee mehr. Ich sehe immer auch dahinter, wer dieses Produkt hergestellt hat. (Renata)

Der Businessplan

Der Businessplan ist ein wichtiges Tool für Gründer*innen! Denn er beschreibt das gesamte Gründungsvorhaben klar und strukturiert. Gleichzeitig ist er das wichtigste Dokument für potentielle Investor*innen.

In der Erarbeitung stellt ihr durch den Text- und Zahlenteil den Zusammenhang zwischen euren Visionen und den entsprechenden Zahlen her. Dadurch wird bewiesen, dass eure Gründungsidee grundsätzlich machbar und wirtschaftlich sinnvoll ist.

Mit dieser strukturierten Vorgehensweise könnt ihr euch wichtige Fragen beantworten, wie: Wer sind meine zukünftigen Kund*innen? Welche Konkurrenz gibt es auf dem Markt? Was für Risiken könnten auftreten? Wie viel Geld brauche ich und wie finanziere ich diese Investitionen? Welche Ausgaben und Einnahmen erwarte ich und wann trägt sich das Unternehmen dadurch? Welche Kompetenzen bringe ich mit, um mein Vorhaben umzusetzen?

Ihr seht: Nicht nur vor der Gründung ist der Businessplan hilfreich! Gerade Liquidität und Rentabilität – also eure Zahlungsfähigkeits-, Umsatz- und Kostenplanung -sind zu Beginn oft gar nicht so einfach vorauszusehen. Außerdem können sich eure Ziele, oder sogar das Geschäftsmodell mit dem Markteintritt, unvorhergesehenen Ereignissen, oder nach ein paar Jahren Erfahrung ändern. Es lohnt sich deshalb, euren Businessplan immer mal wieder hervorzuholen und anzupassen.

Regionale und fair gehandelte Produkte stehen in den Regalen von RENARegional in Mannheim

Mir ist es wichtiger, meine Angestellten besser zu bezahlen, als mir selbst eine Rolex zu kaufen. (Christian)

Unser Gründungstipp

Geh zum GIG7! (lacht) Ne wirklich, aus tiefster Seele, das funktioniert. Wir konnten immer Fragen stellen und uns wurde geholfen. Sei es bei Eva Haas, Sabine Jooß, Verena Kleinmann oder Natalia Reschetnikow. Alle waren dabei. (Renata & Christian)

Für mich war das alles wie ein Spiel und ich realisiere erst jetzt, dass das alles Ernst ist. (Renata)

Größtes Learning aus der Businessplanerstellung

Die nackten Zahlen zu sehen und wie viel Geld wir hier machen können. Da musste ich teilweise schlucken: Hat sie gerade wirklich 400.000 Euro gesagt? (Renata)

Ich kannte solche Zahlen, aber es ist so ein Unterschied, das nur in einem Unternehmen zu sehen, wo ich gearbeitet habe, oder wenn es dein eigenes Geld ist. Das hat eine ganz andere Gewichtung zu sehen: Boah uns gehen 400.000 Euro durch die Hände. Das war echt ein Aha-Effekt in der Planung. (Christian)

Äpfel aus Edingen, direkt regional in den Laden RENAregional

Wir gucken in alle Produkte, die wir verkaufen, ins kleinste Detail rein. Wenn ich da nicht mehr rauskriege, dann mache ich es nicht. Durch den Kaffee sind wir dann beispielsweise auch an Tee und Schokolade gekommen. Denn diejenigen, die diese Art von Projekten machen, kennen sich untereinander. (Renata)

Lieblingsprodukt aus unserem Sortiment…

Solino Kaffee (Christian)

Kazi Yetu Tee (Renata)

Das Logo von RENARegional im Laden

Wir haben auch am Anfang festgestellt: Diejenigen, die im Internet nicht explizit auf Nachhaltigkeit oder Regionalität hinweisen, die kannst du direkt vergessen. Da brauchen wir nichts weiter probieren. Warum sollte ich es verheimlichen, wenn ich das tue? Damit werbe ich ja. (Christian)

Mannheim ist für mich…

Ich wohne seit `94 in Mannheim und ich liebe es. Vor allem die Menschen hier – egal wann, egal wo, du triffst immer jemanden, der oder die mit dir schwätzt und das ist nicht überall so. In anderen Städten war ich selbst noch nach zwei Jahren wie eine Fremde. Mannheim hat mich mit offenem Herzen aufgenommen. Wenn ich den Wasserturm sehe, weiß ich, ich bin zuhause. Ich bin einfach mit Leib und Seele Mannheimerin. (Renata)

Ich habe schon in diversen Städten gewohnt und als ich 2012 hergezogen bin, wusste ich über Mannheim eigentlich nichts. Ich war noch nie da. Mannheim, Arbeiterstadt, Industrie, hässlich – das ist oft das Image nach außen. Deshalb war ich echt überrascht, was für schöne Ecken es hier gibt und wie herzlich es ist. Mannheim ist eine tolle Stadt. Dieses Multikulti und weltoffene gefällt mir. Ich würde es mir auch nicht mehr wegdenken wollen. (Christian)

Lieblingsort in Mannheim…

Nationaltheater (Renata)

Neckarufer (Christian)

Christian Schlabschi in der neuen Obst und Gemüsetheke von RENARegional