7 Fragen an …

Katharina Mehring von Yoga Affairs

1 Wie kamst du an solche Räume mitten in Mannheim?

Ich wohne um die Ecke und laufe hier täglich die Straße runter. Dann habe ich gesehen, dass da „zu vermieten“ steht. Irgendwann habe ich mir gedacht: Wie sieht es da oben eigentlich aus? Dann habe ich die Maklerfirma angeschrieben und einen Termin ausgemacht. Als ich hier reingelaufen bin, war für mich klar: Das wird es. Ich habe alibimäßig, um einen Gegencheck zu machen, gefragt, ob ich noch andere Räume anschauen kann. Aber als wir uns etwas Anderes angeguckt haben, wusste ich schon: Ne, mein Studio ist hier in 07 – und der Makler wusste es witzigerweise auch. Irgendwie war ich mir auch sicher, dass es klappt. Dann ging es auf ein Mal auch recht schnell weiter. Ich hatte hier die Besichtigung und drei Stunden später den ersten Termin im GIG7. Dann ist auch schon die Achterbahn losgegangen…

Katharina Mehring in ihrem Yoga Studio Yoga Affairs mitten in den Mannheimer Quadraten

2 Wann kam dir der Gedanke dich mit Yoga selbständig zu machen?

Der Gedanke war schon immer da. Ich wusste irgendwie schon immer, ich will mal Yoga unterrichten. Yoga hat sich durch mein Leben gezogen wie eine On-Off-Beziehung. Es war immer da, mal mehr, mal weniger. Es gibt gar keine besondere Geschichte dazu. Ich bin in einem progressiven Haushalt mit Künstlern groß geworden. Buddhismus spielte da eine Rolle und deshalb war Yoga immer schon da. Es war auch immer klar, irgendwann wird das mehr und etwas Eigenes.

Ich habe damals schon in meiner WG immer gesagt: Ich werde mal Yoga unterrichten. Zuerst habe ich Sonntag Abends auf der Probebühne im Theater Unterricht gegeben. Das fing mit zwei Leuten an und wuchs und wuchs. Und wie das halt so ist, kam dann irgendwann der Moment, wo es hieß: So, jetzt mache ich die Yoga-Lehrer*innen Ausbildung.

3 Was hat dir den Ruck dazu gegeben?

Letztes Jahr haben mich ein paar Dinge in meinem Leben nachdenklich gestimmt. Ich dachte mir: Okay, du bist jetzt Anfang 40. So langsam musst du dir überlegen, wie das so weiter geht. Das war nicht unbedingt schön. Ich habe dann für mich Inventur gemacht und gesagt okay: Entweder, du gibst jetzt nochmal alles und machst das, was du wirklich machen willst, oder es geht die nächsten Jahre so weiter… Aber das ist nicht mehr richtig cool, das bist nicht mehr du. Und dann habe ich geschaut, wo ich mich zum Thema Gründung erkundigen kann. Eigentlich war es nur „jetzt guckst du mal“. Aber dann hat irgendjemand beschlossen, ne, „es ist jetzt so“. Wie gesagt, dann ging es Schlag auf Schlag.

4 Hast du für den Umbau der Räume Rücklagen oder ein Anfangsinvestment gehabt?

Ich habe alles auf eine Karte gesetzt. Ich hatte keine Rücklagen, weil ich in den letzten Jahren einfach nichts beiseitelegen konnte. Das war jahrelang auch der Grund, warum ich mich nicht selbständig gemacht habe. Ich dachte immer, da muss ich viel Eigenkapital mitbringen. Aber ich habe gelernt: Ne, das musst du nicht. Das hat mir den Mut gegeben zu sagen: Ich mach das jetzt.

Das hat sich von der Gründung her und von dem, was ich auf die Beine gestellt habe, als richtig erwiesen. Ich würde es wieder machen. Aber, mit Corona im Nacken, konnte ich auch von keinerlei Rücklagen zehren. Ich habe aufgemacht und 9 Wochen später wieder zugemacht. Das ist natürlich ein Schlag gewesen. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich es anders gemacht, oder nicht zu dem Zeitpunkt gemacht. Das ist einfach ein ganz anderes Gefühl, wenn du weißt, du hast da noch Rücklagen. Natürlich macht man sich immer Sorgen und als Selbständige sowieso, denn das ist ja auch alles mega aufregend. Aber es würde auf jeden Fall zu meinem Seelenfrieden verhelfen, wenn ich ein finanzielles Polster hätte.

Yoga-studio-gründung-in-mannheim

5 Was waren deine ersten Maßnahmen zu Beginn der Pandemie?

Ich habe die erste Soforthile bekommen. Das ging super schnell und war echt ne tolle Sache. Die zweite habe ich leider nicht bekommen, weil ich erst in diesem Jahr gegründet hatte. Das war ziemlich hart. Aber meine Vermieterin ist klasse. Als ich ihr zum Lockdown geschrieben hatte, dass ich nicht weiß, wie es weiter geht, hat sie sofort Verständnis gehabt. Sie hat die Miete direkt eingefroren und gesagt: Wir schauen jetzt erst Mal, was passiert.

Am 01.06 durften wir dann wieder aufmachen und die Regelung hieß 10 Quadratmeter pro Person. Das habe ich aktuell auch im Studio abgeklebt. Selbst als es dann wieder gelockert wurde, habe ich es erst Mal so gelassen, weil die Leute das als sehr positiv wahrgenommen haben.

6 Sind die Leute dann auch direkt wiedergekommen?

Naja ich muss sagen: Wir befinden uns immer noch in der Eröffnungsphase. 9 Wochen, die wir nach der Gründung offen waren, sind einfach für ein Yoga Studio nichts. Wir sind zwar dann direkt online gegangen, aber wir haben gemerkt, dass die Begeisterung darüber sehr schnell nachgelassen hat. Die Leute waren genervt vom Zuhause Sein. Und als wir jetzt wieder aufgemacht haben, kamen die ersten Stammkund*innen gleich wieder. Aber wir haben einfach noch nicht die Größe eines Kund*innenstamms, die uns tragen könnte – null. Wir sind ja gerade Mal 3 Monate richtig offen. Das merkt man. Außerdem haben die Leute einfach Angst. Die Teilnehmer*innen sagen dann: Ich habe meine Bedenken, ich fühl mich nicht gut. Dann bleibe ich lieber zuhause. Und ich versteh das auch. Oder es heißt: Ich will jetzt kein Abo in einem Sport-Studio abschließen, nachher gibt es doch nochmal einen Lockdown und dann zahl ich das. Dabei sind alle Abos bei mir direkt monatlich kündbar geworden. Ich habe niemanden dazu angehalten zu zahlen, während hier nichts passiert. Trotzdem ist einfach viel Unsicherheit da.

Außerdem haben viele den Kopf gerade echt woanders. Ein neues Yoga-Studio auszuprobieren ist da am Ende der To-Do Liste. Das Leben von den Menschen hat sich komplett verändert und wir sind alle noch dabei das neu einzusortieren. Was ich dann ganz oft höre ist: Oh bei euch, das sieht so toll aus. Oder: Das ist so attraktiv, was ihr da anbietet. Ich muss mal gucken, dass ich es schaffe zu kommen. Aber was wir brauchen – ganz explizit spreche ich da von wir, denn ich höre das auch von anderen Studios – ist einfach, dass die Leute jetzt hingehen, oder teilnehmen, oder unterstützen. Die ersten Studios schließen schon. Das, was ich hier seit Monaten mache, das mache ich aus Herzblut. Das ist umgesetzt auf die Kosten nichts. Ich verdiene hier aktuell keinen Cent und mache nur ein Minusgeschäft.

Ich weiß auch nicht, ob ich das offen auf Social Media kommunizieren möchte. Das ist manchmal ein zweischneidiges Schwert, denn Menschen wollen ja nur dahin gehen, wo es auch toll ist und alle anderen hingehen. Aber so langsam geht es mir auf den Zeiger. Da sind wir auch so ein bisschen in einer Happy World Blase. Deshalb werde ich das in der Kommunikation in Zukunft offen angehen. Selbst in großen Studios, die seit Jahren bekannt sind, sieht es nicht anders aus. Da hieß es in einem Podcast von einem bekannten Yoga-Lehrer mit 3 Studios in München, dass von den 50 Kursen glatt 40 ausfallen mussten, als sie wieder aufgemacht haben. Einfach weil niemand kam. Und das sind Momente, wo mir die Tränen runter laufen, weil ich einfach realisiere: Okay, ich bin nicht alleine. Aber ich merke auch: Krass, das ist einfach die Realität.  Immer mehr Studios kommunizieren deshalb direkt: Leute, wenn ihr nicht kommt, können wir nicht weiter machen.

Corona kam dazwischen - wie geht es weiter mit dem Yoga Studio?

7 Wo geht es hin?

Schwieriges Thema. Es gibt solche Tage und solche Tage. Im Augenblick schwankt es zwischen: Ich mache hier weiter – komme was da wolle. Ich werde auf jeden Fall versuchen, ins nächste Jahr zu gehen, um zu schauen, wie sich das hier entwickeln kann. Und dann muss ich auch ganz ehrlich sagen, da sind Tage dazwischen, wo ich nicht weiß, ob ich bis Februar durchhalte. Es ist eine ganz klare finanzielle Frage und es ist eine ganz klare Frage, von meinen Kräften – physisch und psychisch. Ich bin ständig im Wechselbad der Gefühle: An einem Tag denke ich, das wird alles, das kriege ich hin. Vor allem auch wenn ich Nachrichten von Teilnehmer*innen bekomme, die danke sagen und ich weiß: Genau dafür mache ich das. Und dann gibt es Tage oder Wochen dazwischen, wo ich einfach nicht weiß, wie das hier weitergehen soll. Wie zur Hölle soll ich das langfristig zum Laufen bringen, sodass ich wenigstens auf null rauskomme?

Das Unternehmen

Anfang 2020 gründete Katharina Mehring ihr Yoga Studio “Yoga Affairs” mitten in den Mannheimer Quadraten. Dazu baute sie die Räumlichkeiten im ersten Stock komplett im modernen Industrie-Flair um. 9 Wochen nach ihrer Gründung dann der Schock: Sie muss aufgrund der Corona-Pandemie schließen.

Yoga Affairs: Willkommen im Studio!

Die Vermieterin überzeugen… Wie hast du dich vorbereitet?

Die Vermieterin war sehr begeistert, aber sie hat auch die Stirn gerunzelt. Einfach, weil sie erst mal gesagt hat: Yoga Studio, hä? Ich habe von der Branche keine Ahnung. Ich kann mir das nicht so genau vorstellen – erklären Sie es mir!

Deshalb hatte ich gleich eine Mappe dabei mit dem Businessplan und Beispielen aus anderen Städten. Ich habe ihr das gezeigt und dann hat sie gesagt: Okay ich habe das noch nie gemacht, für mich ist das auch etwas ganz Neues – aber lassen Sie es uns probieren!

Katharina-mehring-Gründerin von Yoga Affairs

Wenn ich sage, dass ich mit einem Yoga-Studio selbstständig bin, haben die meisten enorme Vorurteile und sind verwirrt, weil ich mit Vans und Kapuzenpulli voll aus ihrer Vorstellung, die sie hatten, rausfalle.

Was ist Vinyasa?

Es gibt mittlerweile über 100 eingetragene Yoga-Stile. Vinyasa ist ein kraftvoller Yoga-Stil mit viel Flow. Dabei werden Atem und Bewegung synchronisiert.  Es geht darum, im Moment zu sein und durch die Yoga-Übungen, die Asanas zu fließen. Es ist kreativ und alle Körperpartien werden angesprochen.

Mir geht es darum, jede Bewegung im Yoga für sich zu entdecken.

Katharina Mehring von Yoga Affairs beim Yoga

Ich baue gerne Überraschungen in meine Übungen ein, oder mache etwas, wo ich weiß, das klappt jetzt nicht, weil es mir wichtig ist, einen kleinen Moment zu erleben, in dem etwas nicht funktioniert und ich scheitere – und das überhaupt nicht schlimm ist, sondern auch Spaß machen kann. Wir stehen in unserem Alltag so unter Leistungsdruck und sind darauf programmiert, dass alles funktionieren muss. Wenn etwas nicht klappt, oder läuft, wie du es dir vorgestellt hast – das ist die Situation, wo du am Meisten über dich und das Leben lernst.

Die größte Herausforderung beim Gründen…

Viele Dinge waren für mich keine Überraschung, aber ich habe festgestellt: Dinge über die ich mir Mords-Gedanken gemacht habe, waren gar kein Problem – zum Beispiel Bankgespräche. Aber dafür kamen Dinge, über die ich überhaupt nicht nachgedacht habe, um die Ecke geschossen.

Corona bei dir im Studio…

Eigentlich haben wir Corona-technisch beste Voraussetzungen: Wir können ständig lüften, wir haben Platz ohne Ende und du kannst uns in ein paar Minuten erreichen.

Durchatrmen mit Yoga-Katharina Mehring von Yoga Affairs im Interview

Das beste am Lockdown?

Ich habe wahnsinnig tolle Menschen kennengelernt. Während des Lockdowns habe ich so tolle Gespräche mit anderen Selbstständigen geführt, die alle dasselbe Thema hatten – egal welche Branche. Uns haben – ohne Wertung – andere Dinge beschäftigt, als diejenigen von jemandem mit festen Arbeitsvertrag.

Reaktionen deines Umfelds…

Es macht viel mit dir zu gründen. Es macht auch viel mit deinem Umfeld. Es teilte sich plötzlich die Menge: Die einen waren begeistert, die anderen waren total irritiert oder eingeschüchtert. Einige wollten darauf gar nicht eingehen – alle am Tisch waren seit 10-15 Jahren in festen Arbeitsverhältnissen und geordneten Bahnen. Die konnten damit nichts anfangen, es hat sie eher verunsichert.Industrie flair meets Yoga Charme - mitten in den Mannhermeir Quadraten

Manchmal hat mich dieses „Oh wow“ als Reaktion irritiert. Aber ich glaube, das ist wie, wenn du dir einen Hund holst. 10 Leute um dich herum sagen erst mal: Oh, das würde ich aber nicht machen. Weißt du was das für eine Verantwortung ist? Dann fragst du diese 10 Leute: Hattest du schon mal einen Hund? Und sie sagen nein. Dann hast du 3 Leute, die du triffst, die vielleicht sagten: Super Idee. Toll, mach das! Ja, die haben halt selber auch einen Hund. Ich glaube so ist es auch mit der Selbstständigkeit.

Lieblings Yoga-Pose?

Der herabschauende Hund.

Der herabschauende Hund: Katharinas Lieblings-Yoga-Pose